Anschlag auf Bahngleise durch „Abschiebegegner“ – wirklich?

Druchgetrennte Signalkabel und mehrere außer Gefecht gesetzte Weichen haben am 24. September den Bahnverkehr rund um den Düsseldorfer Flughafen beeinträchtigt. In einem im Internet aufgetauchten Bekennerschreiben bezichtigten sich die Täter als „namenlose Abschiebegegner“. Schnell wurde die Geschichte von den Medien übernommen. Auch die Polizei hält das Schreiben einen Tag nach der Tag für authentisch. Doch ist es wirklich so einfach?

Auf dem Webportal Indymedia tauchte das Bekennerschreiben am Vormittag des 24. September erstmalig auf. Auffällig dabei: Entgegen der vielen anderen Meldungen auf der überwiegend von linken Aktivisten genutzten Webseite war dieser Text offenbar per paste&copy in das Redaktionssystem lieblos einkopiert worden. Eine kaum lesbare absatzlose Bleiwüste. Eigentlich untypisch für die dort sonst doch recht ordentlich geposteten Veröffentlichungen mit Absätzen, Fotos, Zwischenüberschriften, etc.

Doch auch inhaltlich verwundert der Text. Entgegen der sonstigen Gepflogenheiten der linken Aktivisten auf Indymedia ist der komplette Text nicht gegendert. Es werden durchweg einseitige Bezeichnungen verwendet. Statt von „Aktivist*innen“ oder „Aktivist_innen“ wird von „Aktivisten“ gesprochen. Ein Satz endet und der Nächste beginnt gar mit „Jedermann…“ – passt diese Tonalität wirklich in die linke Szene?

Störungen des Normalen sind immer unpopulär und gestört wurde hier heute morgen jedermann. Jedermann -also wir alle- müssen aber auch mitentscheiden, wie es hier weitergehen soll; Quelle: Bekennerschreiben, Indymedia

Prompt wurde der Beitrag auch von anderen Teilnehmern des Forums in Zweifel gezogen. Die Kommentare unter dem „Bekennerschreiben“ werden jedoch seit Stunden regelmäßig wieder gelöscht.

Kommentar aus Indymedia

Kommentar aus Indymedia

Cui Bono?

Wie immer sollte man sich nach so einer Aktion auch fragen, wer am Ende davon profitiert. Wollten die Täter tatsächlich Abschiebungen zum Flughafen verhindern, wie es beispielsweise der Focus in einem ersten Beitrag schrieb? Wer abgeschoben wird, wird in der Regel früh morgens von der Polizei abgeholt und direkt ins Abgeschiebegewahrsam gebracht. Von dort geht es dann eigentlich nicht per Bahn weiter zum Flughafen, sondern direkt mit dem Auto. Abschiebungen unterliegen stets besonderer Diskretion.

Die Einzigen, die eine solche Aktion trifft, sind die Berufspendler und Flugreisenden. Der beste Weg also, um genau diese Gruppe und damit auch die öffentliche Meinung in den Medien gegen sich aufzubringen. Gegen wen genau eigentlich? Genau, pauschal gegen Abschiebegegner. Wer immer also Abschiebungen kritisiert steht künftig unter Generalverdacht, einer „dieser linken Terroristen zu sein“, die auch nicht davor zurück scheuen, den Bahnverkehr zu sabotieren. In den Sozialen Medien funktioniert dieser Spin auch bereits wunderbar. Die Gewerkschaft der Polizei hat nun auch prompt einen neuen Aufhänger um vor einer neuen Form „linksextremistischer Gewalt“ zu warnen.

Sicher, solange die Täter nicht gefasst sind, wird es schwer sein, zweifelsfrei die Motivation nachzuweisen. Wenn es wirklich Abschiebegegner waren – wie nun allenorts behauptet – dann waren es selten dämliche. Clever hingegen wäre die Aktion jedoch, wenn hier eine ganz andere politische Agenda verfolgt werden sollte.

Von den Medien wünscht man sich mal wieder, nicht alles als gegeben hinzunehmen und auch mal kritisch nachzufragen, welche Kriterien dazu führten, dass dieses Schreiben als authentisch eingestuft wurde.

Detailwissen?

Auf meine Nachfrage auf Facebook antwortet der WDR, dass der Staatsschutz aufgrund des „Detailswissens“ das Bekennerschreiben als authentisch einstuft.

WDR Lokalzeit Antwort Facebook Bekennerschreiben

Aber welches Detailwissen? Im gesamten Schreiben steht zur Sabotage am Schienennetz nur dieser einzige Satz:

Daher haben wir heute morgen an mehreren Bahnstrecken rund um den Düsseldorfer Flughafen, den Daten- und Bahnverkehr für viele Stunden unterbrochen. Durch die Art unseres Eingriffs haben wir eine Gefährdung von Menschen ausgeschlossen: die von uns gekappten Signalleitungen neben den Bahngleisen führen (wie bei Sturmschäden oder missglückten Erdarbeiten) automatisch zum sofortigen Halt des Bahnverkehrs auf der betroffenen Strecke.

Auf Indymedia wurde das Schreiben um 10:18 Uhr gepostet. Lange nachdem die Meldung von gekappten Signalleitungen rund um die Bahnanlagen zum Düsseldorfer Flughafen in den Nachrichten verbreitet wurde. Auch dass die Signalleitungen zum automatisch Halt des Bahnverkehrs führen, ist kein großes Detailwissen. Das weiß jeder, der sich ein bisschen mit Bahntechnik auskennt oder Google zu nutzen weiß.

Und selbst wenn hier unbekanntes Detailwissen enthalten wäre: Dann wäre lediglich belegt, dass die Verfasser höchstwahrscheinlich auch die Täter sind. Nicht aber woher sie stammen oder welche Agenda sie wirklich verfolgten.

Schließlich kann auf indymedia jeder alles behaupten.

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