In der Zwickmühle

Wenige Tage nach den Terroranschlägen von Paris wurde das Länderspiel Deutschland gegen die Niederlande in Hannover wegen einer „akuten Warnsituation“ abgesagt. Danach überschlugen sich die Meldungen im Sekundentakt. Schließlich meldete die Kreiszeitung Syke von einem Sprengstofffund in einem Krankenwagen am Stadion und berief sich dabei auf exklusive Angaben eines Informanten. Diese Meldung machte in Windeseile die Runde um den Globus. Dann folgte die Pressekonferenz der Innenminister, doch die wollten von einem Sprengstofffund nichts wissen. Nun könnte man auf unverantwortlichen Sensationsjournalismus schimpfen, wäre da nicht die denkwürdige Aussage des Innenministers.

Screenshots: Kreiszeitung und die Folgen

Nachdem der niedersächsische Innenminister Boris Pistorius auf Nachfragen der Journalisten jeglichen Sprengstofffund verneinte, bat der Bundesinnenminister de Maizère die Bevölkerung um einen „Vertrauensvorschuss“. Er könnte nicht mehr zur aktuen Bedrohungslage sagen, denn „Teile der Antworten würden die Bevölkerung verunsichern.“ Na also, alles in Butter, wir können uns wieder hinlegen.

Oder lieber doch nicht?

Professioneller wäre wohl ein schlichtes „Aus ermittlungstaktischen Gründen können wir Ihnen hierzu aktuell keine Angaben machen“ gewesen. Aber der Innenminister redet sich vor der versammelten Öffentlichkeit um Kopf und Kragen und macht sich zudem noch zum Gespött im Netz. Professionell geht anders.

Auch am Tag eins nach der Aufregung in Hannover schießen die Spekulationen ins Kraut. Einen Krankenwagen mit Sprengstoff hat es offiziell weiter nicht gegeben. Dafür wurde angebliche eine Bombenatrappe in einem Zug gefunden und unschädlich gemacht. Wiederum andere berichten von einer nordafrikanischen Terrorzelle, die einen Anschlag ganz ähnlich wie in Paris geplant haben solle. Doch die Sicherheitsbehörden haben nach offiziellen Angaben bislang keine weiteren Hinweise auf einen Terroranschlag ausfinding machen können, noch wurde -offiziell- irgend jemand festgenommen.

Dafür bezieht nun die Kreiszeitung auf ihrer Web- und Facebook-Seite mächtig Leserschelte. Der Vorwurf des Sensationsjournalismus macht die Runde.

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Und ja: Im Gegensatz zu den anderen Gerüchten um einen angeblich gesichteten „Gefährder“ oder einen herrenlosen Koffer, berichtete die Kreiszeitung nur bei dem Krankenwagen ausdrücklich nicht im Konjunktiv und betitelte den Sprengstoff-Fund im Krankenwagen auf Twitter zusätzlich mit „Exklusive Info“. Das macht man nur, wenn man sich seiner Sache sicher ist und vor allem seinen Informanten vertraut. Und wenn das so ist, dann gibt es auch keinen Grund, mit einer solchen Information hinter dem Berg zu halten. Blöd nur, wenn Politik und Behörden nicht mitspielen. Wem glaubt man nun?

Kreiszeitung Exklusive Info

So mag auch nicht jeder jetzt der Zeitung pauschal das Vertrauen entziehen. Zu sehr hat wohl auch Innenminister de Maizére mit seiner nebulösen Aussage über die Sicherheitslage verunsichert.

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Was übrig bleibt ist eine Zeitung in Erklärungsnot, ein Innenminister, der sein Vertrauen verspielt und eine gespaltene Öffentlichkeit, die sich zumindest schonmal in den Sozialen Netzwerken die Rübe einschlägt.

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Verwirrung stiften, Gesellschaft spalten: Leider muss man sagen, dass die Terroristen dieses Mal gewonnen haben. Es wird nicht leicht, sich aus dieser Spirale der Angst zu befreien.

 

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