Man könnte es als staatlich geförderte Verblödung von Kindern bezeichnen, was es auf den Webseiten von primolo.de, einem Projekt der Wiesbadener Lehrer Online GmbH, gefördert unter anderem vom Bundesfamilienministerium, so alles zu lesen gibt. Vorweg: Primolo bietet Lehrern und Schülern die Möglichkeit, eigene Webseiten zu erstellen und auf Primolo online zu stellen. Das haben offenbar auch Lehrkräfte der Grundschule Dominik in Kirn getan und eine Seite zum Klimawandel erstellt. „Eisbären in Not“ titelt die Webseite und behauptet, die Eisbären seien deshalb gefährdet, weil das Eis der Antarktis(!) schmelze. Aber das ist nicht der einzige Lapsus.
Ok, Zielgruppe der Webseite sollen offenbar Grundschulkinder sein. Da muss man das ein oder andere zum Thema Klimawandel schon vereinfacht darstellen. Aber die Eisbären mal schnell vom Nord- zum Südpol umzusiedeln, kann wohl kaum pädagogisch wertvoll sein. Was wohl die Pinguine davon halten?
Eisbären sind in Not, weil das Eis in der Antarktis immer mehr schmilzt. Ab 2030 wird es in der Antarktis wahrscheinlich kein Eis mehr geben. Deswegen haben wir uns mit dem Thema beschäftigt und herausfinden, wie wir den Eisbären helfen können.
Ob das Eis der Antarktis, also dem Südpol, überhaupt schmilzt, darüber gibt es ganz unterschiedliche Aussagen. Es gibt auch Beobachtungen, die von einer Zunahme des Eises am Südpol sprechen. Aber lassen wir die Spitzfindigkeiten, sollen sich darüber die Wissenschaftler die Schädel einschlagen.
Schon bei der Definition des Wortes „Klimawandel“ nehmen es die Lehrkräfte der Grundschule Dominik nicht so genau. So heißt es
Das Wort „Klimawandel“ bedeutet, dass sich das Klima verändert.
Man nennt es auch globale Erwärmung. Auf der Erde wird es immer wärmer.
Wären die Lehrkräfte der Grundschule Dominik doch nur bei dem ersten Satz geblieben. „Wandel“ bedeutet „Veränderung“. „Wandel“ sagt aber nichts darüber aus, ob die Veränderung nur in eine Richtung vonstatten geht. „Klimawandel“ bedeutet also, dass sich das Klima auf der Erde verändert. Nicht mehr und nicht weniger. „Globale Erwärmung“ ist aber mitnichten mit Klimawandel gleichzusetzen sondern nur ein Teil des Klimawandels. Schließlich wäre auch eine eintretende Eiszeit ein Klimawandel. Muss ich das wirklich so simpel erklären? Offenbar, wenn es schon Pädagogen nicht auf die Kette kriegen!?
In einem weiteren Abschnitt wird der Treibhauseffekt anhand einen Gewächshauses erklärt. Ok, für Grundschüler sollte das ausreichen. Aber dann kommt der Teil zum Kohlendioxid:
Dieses Gas entsteht bei jeder Verbrennung.
Uff! Nur wenn eine Substanz Kohlenstoff enthält, kann bei einer Verbrennung unter Sauerstoff auch Kohlendioxid entstehen. Nicht alles was brennt, produziert zwangsläufig Kohlendioxid. Das lässt sich auch Kindern sicherlich in wenigen Sätzen vermitteln. Zum Beispiel: „Kohlendioxid entsteht bei der Verbrennung von kohlenstoffhaltigen Substanzen. Kohlenstoff ist ein zentraler Bestandteil aller Lebewesen wie Pflanzen Tiere und Menschen auf diesem Planeten. Verbrennt man Holz, entsteht Kohlendioxid. Auch bei der Atmung produzieren Mensch und Tier Kohlendioxid“ Aber wo kämen wir denn hin, wenn die Kinder plötzlich mitbekämen, dass sie beim Atmen zur globalen Erwärmung beitragen.
Und auch der zweite Satz ist der Knüller.
Kohlendioxid ist zwar ein natürlicher Bestanteil der Luft, in den vergangenen 100 Jahren ist der Bestandteil dieses Gases um 30 Prozent gestiegen.
Hier kommt jedem Kind unweigerlich der Eindruck, dass sich Kohlendioxidanteil in den vergangenen 100 Jahren höllisch erhöht hat. „Um 30 Prozent“. Kann ein Grundschulkind diese Größe überhaupt fassen? Viel schlimmer noch: Die Seite verschweigt die Ausgangsgröße. Wieviel CO2 befindet sich denn überhaupt in der Luft? Derzeit sind es rund 390 ppm, also „parts per million“. Die folgende Grafik soll das einmal veranschaulichen. Sie besteht aus ungefähr einer Millionen Pixel (genau: 1.000.200). 390 davon sind rot gekennzeichnet. Das ist der Anteil des Kohlendioxids in unserer Atmosphäre. Und 2 Pixel sind Gelb. Sie stehen für den Methananteil, der in Wirklichkeit mit 1,75 ppm sogar noch etwas niedriger ist.
Hätte man das nicht auch so für die Kinder super visualisieren können, statt mit Prozentrechnung um sich zu werfen?
Ach, nochwas: Eisbären haben in den Jahrtausenden ihrer Existenz schon so manchen Klimawandel mitgemacht. Fehlende Eisschollen waren da meist weniger das Problem. Ob das Klima schuld an ihrem Untergang sein wird, oder vielleicht nicht doch der Mensch, der Ihnen verstärkt auf die Pelle rückt und Lebensräume streitig macht, wird die Zukunft zeigen. Schon vor gut 40 Jahren stand der Eisbär kurz vor der Ausrottung durch die Jagd. Seine Population, die damals bis auf geschätzt unter 10.000 Tiere sank, hat sich bis heute auf etwa bis zu 25.000 Tiere erholt. Auch die zunehmende Förderung von Erdöl und Erdgas in seinem Lebensraum stört die Tiere in ihrer Fortpflanzung erheblich. Wegschmilzende Eisschollen könnte der Eisbär wohl viel leichter überleben, als die Bedrängung durch Menschen. Aber darüber verliert die Webseite kein einziges Wort.
Update 04.06.2012
Inzwischen wurde die betreffende Webseite vom Angebot auf primolo.de gelöscht