Majestätsbeleidigung

Ach, was war das Leben ohne dieses Internetz doch angenehm. Zumindest für die Journalistinnen und Journalisten in Funk, Fernsehen und Print. Wenn mal was schief lief, dann gab es höchstens böse Leserzuschriften. Die konnten die Edelfedern je nach gutdünken drucken, kürzen oder gleich ganz unter den Tisch fallen lassen.  Doch seit es das World Wide Web – und viel schlimmer noch – Soziale Netzwerke gibt, ist schluss mit lustig. Der Pöbel verschafft sich heute auch ohne den Good-Will der Journalisten eine Stimme. Auf Facebook, Twitter oder via Online Petition. Kein Wunder also, dass die „Meinungsmacher von einst“, die Verbreitung von Meinungen außerhalb ihres Herrschaftsbereichs nicht gerne sehen. Bestes Beispiel der Ärger über die Online-Petition gegen ZDF Moderator Markus Lanz.

Ich habe die Talkshow mit Markus Lanz und Sarah Wagenknecht nicht gesehen. Ganz ehrlich: Ich will es mir auch nicht ansehen. Deswegen werde ich auch keine Petition für oder gegen den Moderator unterschreiben.

Dennoch: Es ist äußerst interessant zu sehen, wie sich in den Medien eine Stimmung gegen diese Art der öffentlichen Empörung breit macht. Stefan Niggemeier hat das in seinem Blogbeitrag „Eine Kritik der Kritik an der Lanz Petition“ hervorragend dargestellt. Da differenzieren gestandene Journalisten zwischen den „Zuschauern“ (die Guten) und dem „Internet“ (dem Bösen).

Abgesehen von der Tatsache, dass dieser Vergleich eines Spiegel Journalisten etwas hinkt, wird klar, warum die „Zuschauer“ hier die Guten sind: Es ist der Blick aus einer alten „Medienperspektive“. Einer Zeit, als Zuschauer oder Leser noch einfache Konsumenten waren und ansonsten die Klappe zu halten hatte.

Niggemeier entblößt in seiner „Kritik an der Kritik“ einen Berufsstand, der offenbar die Bodenhaftung verloren hat. Der es als Majestätsbeleidigung empfindet, wenn es jemand außerhalb seines Einflussbereiches wagt, mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln öffentlich Kritik zu äußern. Noch schlimmer wird es, wenn diese Leute  auch noch massenhaft Gehör finden.

„Netzjunkies“, „Hetzmasse“, „Twitter-Piraten“ sind nur einige der Schlagworte, die Niggemeier aus den Presseveröffentlichungen der letzten Tage gefischt hat. Reihenweise giften sie aus ihren Elfenbeintürmen bei Spiegel Online, Die Welt, Zeit Online oder dem Hamburger Abendblatt – um nur einige zu nennen.

Mit dabei sowohl gestandene Redakteure als auch „frische“ Volontäre. Bei letzteren fragt man sich allerdings, ob die wirklich so denken, oder ob sie ihren Vorgesetzten einfach nur gefallen müssen.

Die Causa Lanz eignet sich perfekt, um den Graben zu verdeutlichen, der zwischen alten und neuen Medien verläuft. Der Journalist von damals ist es nicht gewohnt, wenn auch andere die Möglichkeit haben, mit ihrer Meinung viele Menschen zu erreichen. Er selbst hat meist lange studiert, ist durch die harte Volontärsschule gegangen und dann kommt da einfach jemand daher und mobilisiert mit seiner simplen Meinung im Handumdrehen soviele Menschen?

Das ist Majestätsbeleidigung!

 

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