Faules (Bio)-Ei: Niedersächsische Gewerbeaufsicht als Freund der Produzenten

Wer sich fragt,wie es zu einem der größten Betrugsfälle mit dem Bio-Label in Deutschland kommen konnte, braucht sich nur einmal anschauen, wie die Gewerbeaufsicht in Deutschland funktioniert. Unangemeldete Besuche? Scharfe Kontrollen ob die gesetzlichen Vorgaben eingehalten werden? Pustekuchen! In Niedersachsen, wo es wohl die meisten Betrugsfälle mit Bioeiern gibt, macht ein Papier aus dem Jahre 2006 deutlich wem die Gewerbeaufsicht näher stand. Dem Verbraucher oder den produzierenden Betrieben? Letzteres ist der Fall.

So warb der damalige niedersächsische Umweltminister Hans-Heinrich Sander (FDP) in einer Mitteilung aus dem Jahre 2006 für ein besseres Miteinander zwischen Gewerbeaufsicht und ihren „Kunden“, den produzierenden Betrieben. Die Betriebe wurden gebeten, an einer Umfrage ihre Meinung zur den Leistungen der Gewerbeaufsicht abzugeben. So hieß es damals:

„Zahlreiche Betriebe haben die Chance genutzt, ihre Aufsichtsbehörde für den Umwelt- und Arbeitsschutz zu bewerten. Das hilft uns, die Arbeit der Ämter noch mehr auf die Bedürfnisse der Unternehmen hin auszurichten und die Qualität unserer Arbeit kontinuierlich zu verbessern“

Wie bitte? Die Ämter auf die Bedürfnisse der Unternehmen hin auszurichten? Was wären das denn für Bedürfnisse? Bessere Terminabsprachen im Vorfeld einer Kontrolle, damit der Unternehmer noch schnell den Stall aufräumen kann? „Achtung Herr Eierproduzent Müller, wir kommen dann in einem Monat. Sollten Sie noch zu viele Legehennen im Stall haben, ist jetzt die Chance, die notwendigen Maßnahmen zu treffen.“

Foto: cc-by-nc 2.0 Christopher / Flickr

Bio oder Nicht? Man weiß es nicht… Foto: cc-by-nc 2.0 Christopher / Flickr

Ein Witz? Offenbar nicht. Umweltminister Sander unterstrich in der  Mittelung zur Umfrage sogar seine Nähe zur Industrie und nicht zum Verbraucher:

„Häufig wurde dabei auch der Wunsch nach Bürokratieabbau, Vereinfachung der Gesetze sowie nach mehr aktuellen und fachspezifischen Informationen durch die Gewerbeaufsicht bei Ihrer Beratung geäußert. Mit solchen Forderungen rennen Unternehmer bei mir offene Türen ein. Hier bin ich gerne bereit, Anregungen anzunehmen“, erklärte Sander.

Vielleicht sollte man den Leuten nochmal einbläuen, was das Wort „Aufsicht“ bedeutet. Das hat nämlich was mit „Kontrolle“ zu tun. Und Kontrolle wäre hier bitte nötig gewesen.

So konnten die Produzenten in dem Fragebogen auch angeben, ob sich die Kontrolleure vom Amt denn auch ausreichend „flexibel“, „großzügig“ oder „zugänglich“ zeigten. Fehlt eigentlich nur noch der Punkt „persönlichen finanziellen Zuwendungen zugeneigt“.

Zu guter Letzt noch ein Schmankerl aus dem Text:

„Dank der Antworten wissen unsere Ämter, wie sie ihre Qualität weiter steigern […] können. […] In der Befragung ist herausgekommen, dass […] die Angemessenheit der Häufigkeit der Besuche mit Konzentration auf das Wesentliche sehr von den Betrieben geschätzt wird. […] Das ist Ansporn für die Gewerbeaufsicht in diesem Bereich noch besser zu werden“, erklärte der Umweltminister und ergänzte: „Wir werden gezielt daran arbeiten, damit die Gewerbeaufsicht […] als Dienstleister begriffen wird.“

Wohin das führt, wenn sich Gewerbeaufsicht mit den Herstellern lieb Kind macht, haben wir ja nun gesehen. Sie produzieren faule Bio Eier. Prost Mahlzeit!

Vollständiger Text des Umweltministeriums von 2006 als PDF: Kunden antworten Gewerbeaufsicht

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