Netztroll Heveling im Kampf um Mittelerde

Damals im kalten Krieg, da war jeder, der jenseits rechtskonservativer Wertvorstellungen argumentierte sofort ein böser Kommunist. Heute ist das nicht anders. Das demonstriert heute niemand besser als der Abgeordnete Ansgar Heveling, der für die CDU/CSU im Bundestag sitzt. So muss sich die „Netzgemeinde“ in einem Gastkommentar Hevelings im Handelsblatt als „digitale Maoisten“ beschimpfen lassen, die den „Kampf“ um das „Web 2.0“ verlieren würde.

Moment mal. Ansgar wer? … Genau! Ich hatte bis dato auch noch nie von dem Mann gehört. Aber mit seinem Trollpost, wie man seinen Beitrag in der von ihm nicht näher definierten aber umso mehr gescholtenen „Netzgemeinde“ wohl bezeichnen würde, schafft der Mann zumindest eines: Aufmerksamkeit um seine Person.

Doch wovon spricht der Mann nun eigentlich? Heveling nimmt die US-amerikanischen Gesetzespläne „SOPA“ und „PIPA“ zur strengeren Kontrolle und Regulierung des Internets als Aufhänger für einen ziemlich undifferenzierten Rundumschlag gegen alles, was irgendwie mit „Internet“ zu tun hat.

An markigen Worten fehlt es in seinem Beitrag nicht. Vom „Clash of Civilizations“ ist da die Rede, vom Kampf der „realen Menschen“ gegen die „digital natives.“ Als ob Internetnutzer irgendwie digital existieren würden und nicht ebenso wie alle anderen aus Fleisch und Blut. Er spricht von einer „medialen Schlachtordnung“, die ihn an den dritten Teil der „Herr der Ringe“ Trilogie erinnere, den „Endkampf um Mittelerde“.

Nun, ich zumindest weiss jetzt, welch‘ Gattung ich Ansgar Heveling in diesem „Krieg“ nun zuordnen kann: Als Forentroll macht er eine prima Figur.

Heveling wünscht sich das Ende der „Helden der Bits und Bytes“, der „Kämpfer für 0 und 1“ herbei. Auweia, da hat aber jemand einen Hass auf alles, was mit Computern zu tun hat. Vielleicht hat man ihn in seiner Jugend einfach zu sehr mit Lochkarten gepiesakt.

Es folgt eine Erinnerung an die Errungenschaften der Französischen Revolution und eine Warnung an die „digitalen Maoisten“, die in unheiliger Allianz mit „monopolstarken Kapitalisten“, gemeint sind Google und …welch ein Vergleich… Wikipedia. Wir sollten aufpassen, uns von den einzelnen „Menschen hinter Maschinen“ nicht unsere Lebensentwürfe vorschreiben zu lassen. Wir sollten statt dessen „auf die Barrikaden“ gehen und aus „gebundenen Büchern“ Goethe, die Bibel und (oh Wunder) „auch“ Marx zitieren. eBooks sind offenbar auch nicht sein Ding. Na denn, wie sagte schon Else Kling mit der Buttermilch in der Hand?  „Wenn’s schee mocht?!“

Lieber Herr Heveling, ich kann Sie ja verstehen. Ja-ha, es gibt da ein paar nervige Wichtigtuer in der von Ihnen so gescholtenen „Netzgemeinde“. Und Ja-ha, ich mag Bücher aus Papier auch lieber als so ein eBook. Aber mal ehrlich: Ihr krudes Geschreibe von SOPA, PIPA, französischer Revolution, Goethe und Marx liest sich wie eine Wutrede gegen alle technische und zivilisatorische Weiterentwicklung.

Wir stehen nunmal dank „digitaler Revolution“ vor tiefgreifenden Veränderungen gesellschaftlicher Art. Und in dieser neuen Welt greifen nunmal die alten „analogen“ Regeln und Wertvorstellungen nicht mehr. Das bekommen nun einige mächtige Industrien und auch Staaten zu spüren. Daher auch diese Beißreflexe und der Wunsch nach mehr Kontrolle und Einfluss. Ich kann ja verstehen, dass Ihnen das Angst bereitet. Denn Veränderung bedeutet zunächst einmal, sich von gewohnten Angewohnheiten und Mustern zu verabschieden. Und wer mag das schon?

Aber sich jetzt hinzustellen und sich Feder und Tinte zurück zu wünschen, hilft uns allen nicht weiter. Finden Sie sich damit ab. Auch die Dinosaurier sind eines Tages ausgestorben. So ist das halt mit der Evolution. Wer sich nicht anpasst, bleibt auf der Strecke (oder bekommt einen Meteoriten auf den Kopf).

Update:
Manchmal kommt es schneller als man denkt: Die „Kriegserklärung“ wurde angenommen. Die Webseite von Ansgar Heveling wurde am Montagnachmittag „gehackt“. Wobei, von „hacken“ kann eigentlich keine Rede sein. Über Twitter wurde kolportiert, dass die Zugangsdaten zu seinem Administrationsbereich dem eigenen Vor- und Zunamen entsprachen. Genausogut könnte man den Haustürschlüssel stecken lassen und von einem „Einbruch“ sprechen. Nicht vergessen, der Mann sitzt in der Enquete-Kommission des Bundestages „Internet & Digitale Gesellschaft“. Doch selbst wenn das zu einfache „Passwort“ eine Ente war. Nach der Lektüre des Gastbeitrages traut man ihm diese „Sicherheitskompetenz“ ohne weiteres zu…

Ansgar Heveling Homepage

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