Der „Schwarzbuch WWF“ von Filmemacher Wilfried Huismann sorgt für Wirbel. Dem „World Wildlife Fund For Nature“, besser bekannt unter dem Namen WWF mit niedlichem Pandalogo, passt das Buch nämlich gar nicht ins Saubermann-Image. Huismann wirft dem Umweltverband allzu große Nähe zur Industrie vor und prangert an, der WWF vergebe Nachhaltigkeitssiegel, die ökologisch wertlos seien. Wie schon bei Huismanns Film „Der Pakt mit dem Panda“ für den WDR, schickt der WWF seine Anwälte los und wirft Huismann auch im Buch falsche Tatsachenbehauptungen vor. Doch noch bevor ein Gericht über das Buch entschieden hat, nehmen viele Händler die Lektüre in vorauseilender Selbstzensur bereits aus dem Programm.
Amazon? Libri? Buecher.de? Überall Fehlanzeige. Wer das „Schwarzbuch WWF“ jetzt noch bestellen möchte, bekommt es derzeit nur noch beim Güthersloher Verlagshaus der Verlagsgruppe Random House.
Was macht das Buch so brisant? Die Erkenntnis, dass Umweltschutzverbände längst zu großen Organisationen mit handfesten finanziellen Interessen geworden sind? Es wäre nicht das erste Mal, das dem WWF so genanntes „Greenwashing“ vorgeworfen wird.
Die Süddeutsche Zeitung schreibt in einem Artikel vom 28. Mai
Anders als viele andere Umweltschützer wie etwa Greenpeace, setzt der WWF nicht auf Konfrontation, sondern möchte die Industrie „umarmen“ – und so das Verhalten selbst von höchst umstrittenen Konzernen ändern. […] Im Gegensatz zu anderen Umweltschutzverbänden nimmt der WWF auch Spenden aus der Industrie an. Wo bleibt da die Unabhängigkeit? Quelle: SZ – Die dunkle Seite des Panda
Huismann ist über den Schmusekurs des WWF mit der Industrie verärgert. Hat zunächst einen Film für den WDR produziert, doch dagegen klagte der WWF erfolgreich.
In einem Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung sagt er auf die Frage, ob man mit den Konzernen nicht zusammen arbeiten müsse, um sie zu verändern:
Natürlich, aber dazu muss man seine Unabhängigkeit wahren wie der BUND oder Greenpeace, die keine Spenden von Konzernen annehmen. Quelle: FAZ – „Der WWF ist schizophren“
Doch ganz so unabhängig wie Huismann sagt, sind auch die anderen Umweltverbände längst nicht mehr. In „Geld statt Widerstand – Wie sich Umweltverbände kaufen lassen“ der ARD Sendung Panorama wird das noch einmal deutlich. Hier geht es vor allem um den Naturschutzverband BUND, der laut Panorama gegen Geld schon das ein oder andere Mal auf Klagen verzichtet haben soll. So zum Beispiel im Falle der Meyer-Werft in Papenburg. Um die immer größeren Kreuzfahrtschiffe über den Fluss Ems in die Nordsee zu manövrieren, muss der Fluss regelmäßig ausgebaggert und vertieft werden. Zusätzlich wird das Gewässer bei der Schiffsüberführung angestaut. Geschieht dies zur Brutzeit werden für ein Kreuzfahrtschiff regelmäßig ganze Brutbestände geschützer Vogelarten vernichtet. BUND Mitbegründer Enoch zu Guttenberg trat kürzlich mit den Worten „Dies jedoch, diesen Verdacht der Käuflichkeit, vermag ich nicht länger mitzutragen“ aus dem Verband aus.
Streisand Effekt
Nun schwingt der WWF mal wieder die Anwaltskeule. Aus Angst vor Problemen, aber bislang ohne jede rechtliche Notwendigkeit, nehmen zahlreiche Buchhändler die Lektüre daraufhin gleich aus dem Programm. Warum eigentlich? Hose voll? Wovor? Noch ist kein Urteil gefällt. Noch darf das Buch legal verkauft werden.
Random House sagte gegenüber der FAZ, dass auf den Verlag massiv Druck Seitens des WWF ausgeübt worden sei. Und weiter:
„Unser Verlagsverständnis von Pluralismus und Meinungsfreiheit sieht jedenfalls anders aus.“ Quelle: FAZ – Druck auf Buchhänder, WWF drängt kritisches Buch vom Markt
Doch der Schuss könnte nach hinten losgehen. Schon bei dem Film hat sich der WWF ein PR-Desaster erlaubt. So schreibt Roland Binz, Dozent für Krisenkommunikation und Medientraining am SPRI im „Krisenblog„:
Der WWF reagiert also so, als wolle er das Buschfeuer im eigenen Haus löschen, indem er Öl darauf giesst.
PR-Technisch ist der Streit um das Buch für fast alle Beteiligten ein Desaster: Die eingeknickten Buchhändler stehen als Schlappschwänze da und der WWF lenkt jetzt erst recht die Aufmerksamkeit auf das Buch.
Das nennt man auch Streisand Effekt. Du willst etwas verhindern und zückst Du die große Verbotskeule. Doch damit erreichst Du am Ende genau das Gegenteil. Wie Barbara Streisand, die einst die Veröffentlichung eines Fotos im Internet verhindern wollte und den Fotografen verklagte. Dadurch weckte sie so großes Interesse, dass das Bild nun tausendfach und unlöschbar im ganzen Web verteilt zu finden ist. Nur Random House, das Buch und der Autor selbst dürften von der derzeitigen Diskussion profitieren. Ich habe mir das Buch heute bestellt. Wäre ohne das Medientamtam gar nicht drauf aufmerksam geworden.
So hat sich der WWF mit seiner Haltung einen echten Bärendienst erweisen. Einen Pandabärendienst sozusagen