Faules Obst: Wenn Ökostrom Biosaft wäre

Stellen Sie sich folgendes fiktives Szenario vor: Die Bundesregierung will die Safthersteller des Landes dazu zwingen, künftig mehr gesunde Säfte für die Bürger zu produzieren. Daher wird ein Gesetz erlassen, dass die Safthersteller dazu verpflichtet, in Deutschland angebautes Bio-Obst zu einem gesetzlich vorgeschriebenen Preis abzukaufen um daraus Saft für die Kunden herzustellen. Das sogenannte „Bioobst-Abgabe-Gesetz“  (BAG) wird erlassen. Für Obstbauer eine Lizenz zum Gelddrucken. Sofort betätigt sich landauf landab jeder des es sich leisten kann im Obstanbau. Überall schießen Plantagen aus dem Boden. Jeder verfügbare Meter wird für die Herstellung von Bio-Obst verwendet. Der Öffentlichkeit verkauft man die Aktion als Förderung der allgemeinen Gesundheit. Bio ist gut. Wer kann da schon dagegen sein?


Apfel

Wettbewerb verzerrt sich

An der Leipziger Saftbörse wird zudem mit dem verfügbaren Bio-Obst gehandelt. Doch es gibt da ein kleine Problem: Der Biosaft kann nicht lange gelagert werden, da er schnell verdirbt. Damit haben die Safthersteller nun ein Problem: Da sie das Bio-Obst immer kaufen müssen, egal ob bereits genug vorrätig ist oder nicht, werden sie ihren Saft nicht mehr los. Das Resultat: An der Saftbörse kollabiert der Preis, es herrscht ein Überangebot. Obst beim Händler um die Ecke wird dagegen rar, da jeder Obstbauer lieber an die Safthersteller verkauft.

Da sich in Deutschland wegen des Überangebots bald keine Abnehmer mehr für Saft finden, wird der überschüssige Saft ins Ausland verkauft. Aber auch dort hat man nicht immer Bedarf. Also wird das Zeug auch schonmal zum Dumpingpreis verkauft oder einfach verschenkt. Es hat sogar schon „negative Preise“ an der Börse gegeben. Man bekam also noch Geld dazu, wenn man sich des Saftes erbarmte.

Innerdeutsche Saftpreise explodieren

Dummerweise profitierten nur die Endverbraucher im Ausland von dem billigen Bio-Saft aus Deutschland. Für die Deutschen selbst wurde das Zeug nicht günstiger: Denn die Mehrkosten, die die Safthersteller wegen des BAG an die Obstbauern abdrücken mussten, holten sie sich über immer höhere Preise vom Endverbraucher zurück. Auch der Preis für unverarbeitetes Obst schoss somit zwangsläufig in die Höhe.

Monokulturen zerstören Artenvielfalt

Inzwischen gab es kaum noch natürliche Landschaften. Überall nur noch Bio-Obst-Plantagen.  Das fanden viele Menschen vollkommen in Ordnung, ja sogar schön. Doch andererseits hatten diese ausufernde Monokulturen Auswirkungen auf die Tier- und Pflanzenwelt im Land. Viele Tierarten, die mit den eintönigen Obstplantagen nicht klar kamen, starben aus. Andere hingegen vermehrten sich über alle Maße. Zudem wurden immer neue Straßen- und Schienennetze gebaut, um mit der ganzen Logistik des Obst- und Safttransportes klar zu kommen.

Dogma „Ökolabel“

Doch diese Probleme interessierten die Wenigsten: „Bio ist Gesund und gut für die Umwelt“, an diesem Dogma wollte keiner rütteln. Und wer es doch tat, dem wehte ein eisiger Gegenwind ins Gesicht. „Du findest Chemiesaft wohl besser, was?“  Vor allem argumentierten die Obstbauern, dass ihr Bio-Saft in Wirklichkeit viel billiger als der herkömmlich produzierte sei. In der Tat, das galt aber nur für die Preise an der Saftbörse. Dort wurden die Produkte wegen des Überangebots verschleudert. Die Endverbaucher hatten nichts davon.

So kam es, dass Bio-Saft für die Deutschen immer unerschwinglicher wurde. Und das obwohl das ganze Land zugepflastert war mit Obstplantagen und obwohl soviel Saft produziert wurde, wie nie zuvor. Auch das Ausland wurde langsam ungeduldig, da die Förderung der deutschen Obstbauern durch den Steuerzahler den Wettbewerb derart verzerrte, dass die Hersteller im eigenen Land durch die Dumpingpreise aus Deutschland in die Knie gezwungen wurden.

Umverteilung von unten nach oben

Erschwerend kam hinzu, dass diejenigen die das Glück hatten, Ländereien zu besitzen oder genügend Geld, sich an einer eigenen Obstplantage zu beteiligen, immer reicher wurden. Und zwar auf Kosten der breiten Mehrheit der Bürger, die entweder in den Städten lebten oder sich eine Beteiligung eben nicht selbst leisten konnten. Im Grunde zahlte eine Mehrheit Geld an eine Minderheit, damit diese ihnen immer teureren Saft verkaufen konnte.

Sie alle mussten ja irgendwie  mal gesunden Saft trinken oder wenigstens etwas Obst essen. Doch das wurde für viele bald nicht mehr möglich. Sie verzichteten auf die wichtigen Vitamine und tranken nur noch Wasser. Das Obst selbst war ja auch kaum noch zu bezahlen, da die Obstbauern ihre Ernte lieber an die Safthersteller verkauften, als an die Obsthändler im Land. Und wenn doch, dann nur zu horrenden Preisen.

Gut gemeint, schlecht gemacht

Das Ende der Geschichte: Immer mehr Bürger wurden krank. Vitaminmangel war die Hauptursache. Immer weniger Menschen konnten sich Obst oder Säfte leisten. Die Monokulturen sorgten innerhalb kürzester Zeit für das Verschwinden ganzer Arten. Andere Tiere wurden dabei zur Plage. Und alles nur, weil man für den Biosaft plötzlich die Planwirtschaft einführte.

Schwarze-Peter-Spielchen

Einige Unternehmen, vor allem großere Cateringfirmen im Land, versuchten nun sich von der Ökosaft-Umlage, wie das BAG im Volksmund genannt wurde, zu befreien. Doch die Lobby der Bio-Obstproduzenten war stark und die Politik stand hinter ihnen. Es dürfe keine Ausnahmen geben hieß es. Denn wer sich nicht am Bio-Obst-Ausbau beteilige, der sei für die steigenden Preise verantwortlich. Schnell hatte man den schwarzen Peter diesen Unternehmen zugespielt und von der BAG-Problematik abgelenkt. Wer sich gegen das BAG stellte, wurde zur Umweltsau stigmatisiert. Die Folgen waren absehbar. Die Cateringfirmen strichen ihr Angebot zusammen, manche machten Pleite oder lagerten ihre Unternehmen ins Ausland aus.

Moral von der Geschicht‘: Die Politik stellte sich als ziemlicher Saftladen heraus.

Unrealistisches Szenario? Weit gefehlt…

Wer jetzt sagt, so ein Szenario sei doch vollkommener Irrsinn und wäre vielleicht ein Paradebeispiel für die Misswirtschaft aus sozialistischen Ländern, der tausche einfach die Begrifflichkeiten in diesem Artikel aus.

Aus den Bio-Obstbauern werden die Betreiber regenerativer Anlagen wie Wind-, Solar- oder Biomasse. Die Safthersteller sind die großen Stromkonzerne,  die Straßen und Schienen stellen die notwendige Netzinfrastruktur bestehend aus neuen Stromtrassen dar. Die Cateringfirmen sind energieintensive Unternehmen. Monokulturen, also die Nutzung weniger Pflanzenarten zur Energieerzeugung haben die Störung des ökologischen Gleichgewichts und die Verteuerung von Nahrungsmitteln zur Folge. Das direkte Resultat eines ungebremsten, weil bedarfsentstellten Ausbaus regenerativer Energieerzeugung, losgelöst vom Strombedarf und auf Kosten der Steuerzahler.  Nicht alles was „grün“ ist, ist auch gut für die Umwelt.

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Bildnachweis: (cc by-sa) Justus Blümer / Flickr

 

 

 

 

 

 

Ein Kommentar

  1. Sehr amüsant!

    Wäre es nicht mal auch interessant eine Explosion des „Chemie-Saft“ Herstellers in ihrem Szenario zu implementieren?

    Grüße

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